Alltag

Tierische Hilfe bei Trauer

Begleitung von Kindern und Jugendliche in schweren Zeiten

Sich mit den Händen durch dichte Schafwolle wühlen. Einem Hund das weiche Fell streicheln. Kaninchen hinter den Ohren kraulen. Das gefällt meist nicht nur den Tieren. Auch uns Menschen kann das richtig guttun.

Dass der Kontakt zu Tieren auch helfen kann, den Tod eines geliebten Menschen zu verarbeiten, hat Ingrid Littmann vor rund 15 Jahren festgestellt. Die Sozialpädagogin war damals Gründungsmitglied bei Sterntaler, einem Verein, der Trauerbegleitung für Kinder, Jugendliche und deren Familien anbietet. Ihre Hündin Laika begleitete sie damals zum ersten Treffen der Kindergruppe. Littmann erinnert sich: „Ich hatte sofort die Kinder um mich herum, die direkt ganz offen über ihre Erlebnisse gesprochen haben, wer zum Beispiel bei ihnen gestorben ist.“

Verein gegründet: LAIKA – Trost auf vier Pfoten

Bald nach diesem Schlüsselerlebnis absolvierte Littmann am Seelsorgeinstitut in Bethel eine Ausbildung zur Trauerbegleiterin. Parallel wurde Laika zum Therapie- und Behindertenbegleithund geschult. Während der folgenden Jahre reifte der Wunsch, Tiere und Natur noch stärker in den Vordergrund ihrer Arbeit zu rücken. „Denn darüber war es viel leichter, Zugang zu den Kindern und Jugendlichen zu bekommen.“ Vor fünf Jahren gründete Littmann den Verein LAIKA – Trost auf vier Pfoten. Namenspatronin war ihre 2014 verstorbene Hündin.

„Am häufigsten kommen Kinder, deren Eltern gestorben sind, dann jene, die Geschwister oder Großeltern verloren haben.“

Der Verein hat Räume im Dorf Sentana bezogen. Auf dem Begegnungs- und Gnadenhof in Gadderbaum bieten die Mitarbeiterinnen Kindern und Jugendlichen nach dem Tod eines nahen Verwandten oder einer anderen Bezugsperson Hilfe an. Ebenso stehen sie den Familien bei Bedarf in der Abschieds- und Sterbephase zur Seite. Und auch jene sind willkommen, die um einen geliebten Tiergefährten trauern. „Am häufigsten kommen Kinder, deren Eltern gestorben sind, dann jene, die Geschwister oder Großeltern verloren haben“, so die Pädagogin. Es gibt sowohl Gruppenangebote für Kinder und Jugendliche als auch Einzelbegleitungen samt Elternberatung. Meist melden sich Mütter bei LAIKA. Nur selten nimmt ein Vater den Kontakt auf, wenn die Mutter gestorben ist. „Dabei wäre es besonders wichtig, auch diese Kinder zu erreichen“, so Littmann. Und generell gelte: „Die Elternarbeit ist von großer Bedeutung, weil es für die Kinder richtig was bringt, wenn auch die Eltern sich mit ihrer Trauer auseinandersetzen und verstehen lernen, wie es dem Kind gerade geht.“

Streicheln hilft Trauer zu verarbeiten

Ingrid Littmann leitet das Team, zu dem die Pädagogin Monique Kluß, die Künstlerin Susanne Jaene, eine Verwaltungsangestellte, Praktikanten und Ehrenamtliche gehören. Und daneben begrüßt Kanela die Kinder und Jugendlichen im Dorf. Die kleine hellbraune Mischlingshündin komme unheimlich gut bei den Kindern an, erzählt Ingrid Littmann: „Sie stürmt nicht so drauf los, hat eine ganz charmante Art und liebt es, sich kraulen zu lassen.“ Das Streicheln der Tiere hilft vielen Kindern und Jugendlichen dabei, ihre Trauer zu verarbeiten. „Sie holen sich darüber Trost“, sagt die Pädagogin, „und in Zeiten von Corona ist es noch wertvoller, zu einem anderen Lebewesen körperlichen Kontakt aufnehmen zu können.“

Die Tiere sind Herzensöffner

Eine Trauerbegleitung in der Kindergruppe besteht meist aus zehn Treffen. „Wir orientieren uns bei den Angeboten stark daran, was die Kinder gerade brauchen. Bei uns gilt: Man muss hier gar nichts!“, so die Vereinsgründerin. Ohne Druck also, auf spielerische oder auch kreative Art und Weise versuchen die Trauerbegleiterinnen mit den Kindern in Kontakt zu kommen. Oft zunächst im behaglich eingerichteten Spielraum oder im Tipi auf der Wiese, dann meist auch draußen in der Natur oder bei den Tieren des Gnadenhofes.

Die Schafe, Kaninchen und Hühner seien, ebenso wie Kanela, ein Herzensöffner – und in vielen Fällen wohl auch ein Zungenlöser. „Tiere helfen dabei, dass die Kinder sich leichter ihrer Gefühle bewusst werden und über diese sprechen können“, so Littmann: „Außerdem sind die Tiere des Hofs, denen es in ihrem bisherigen Leben oft nicht gut ergangen ist, wie ein Spiegel für die Kinder. Sie sehen dann, dass nach schlechten Zeiten auch wieder Gutes geschehen kann.“

Verein ist auf Spenden angewiesen

Seit 2018 wird LAIKA als Pilotprojekt im Zuge der NRW Landesinitiative Starke Seelen zur Förderung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gefördert. Allerdings nicht zu hundert Prozent, sodass der Verein rund 15.000 Euro jährlich durch Spenden aufbringen muss. „Ich hoffe, dass uns das auch in Zukunft gelingt“, so Ingrid Littmann, „denn ich wünsche mir sehr, dass wir dauerhaft bestehen dürfen, damit wir noch lange trauernden Kindern helfen können.“

www.laika-trostaufvierpfoten.de

Nicht nur bei Trauer können Hund, Pony und Co helfen. In Bielefeld gibt es weitere tiergestützte (Therapie-)Angebote, zum Beispiel…

… mit Lamas und Alpakas: www.lamatherapie-bielefeld.com
… im Dorf Sentana mit therapeutischen und pädagogischen Angeboten: www.sentana-stiftung.com
… beim Verein NatURsinn: www.natursinn-bielefeld.de
… Tierische Begleiter, gemeinnützige Gesellschaft, Reittherapie, tiergestützte Therapie und Pädagogik, Begegnung mit Tieren, Tel. 0175-4388754

Elena Berz

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