Gesundheit
Vegane Ernährung und Kinder – passt das zusammen?
Veganer sind mangelernährt, das Essen schmeckt nach nichts und im Winter tragen sie heimlich Wollpullover. Nach wie vor ist das Bild von veganem Leben noch recht negativ geprägt. Und wenn es dann um das Thema vegane Ernährung bei Kindern geht, weckt das Emotionen.
Häufig ist dann kein Funke Verständnis mehr vorhanden. Und das bekommen Betroffene dann auch mal zu spüren, wie Claudia Padberg aus erster Hand erzählt. Sie ist nicht nur Veganerin, sondern auch vegane Ernährungsberaterin und berät all jene, die ihre Ernährung umstellen möchten , aber nicht genau wissen wie.

Wie wurde sie zur Veganerin? Worauf sollte man achten, wenn Kinder rein pflanzlich ernährt werden und wie haben sie als Eltern es bei ihrer Tochter gehandhabt? Denn bei Familie Padberg ernähren sich (mittlerweile) alle vegan. Claudia lebt mit ihrem Mann, Tochter und Hündin „Ella“ in Paderborn.
„Vegan zu leben ist für mich Win-win“
Claudia ernährt sich seit ihrem 23. Lebensjahr vegetarisch. 2012 entschied sie sich Veganerin zu werden: „Eigentlich war es zunächst als 14-tägiges Experiment gedacht, aber ich wollte die Tierausbeutung und den damit verbundenen ökologischen Irrsinn nicht länger unterstützen.“ Hinzu kam, dass Claudia sich mit der Ernährungsumstellung einfach viel besser fühlte. So wurde aus dem Experiment eine neue Lebensweise. Heute ist sie eine von rund 1,58 Millionen Veganern in Deutschland. Tendenz steigend. Für Claudia ist das Thema eine wahre Herzensangelegenheit. „Vegan zu leben ist für mich eine großartige Möglichkeit, die Welt zu einem besseren Ort zu machen und mir Gutes zu tun – Win-win also.“
Auch ein Grund, dass sie vor knapp elf Jahren noch einmal die Schulbank drückte, um Kurse zu veganer Ernährung von Kindern und Sportlern zu besuchen. On top kam 2019 ein Fernstudium und sie machte ihr Hobby zum Beruf.
„Vegane Ernährung ist auch bei Kindern möglich“
Doch auf was muss man bei dieser Ernährungsweise achtgeben – insbesondere bei Kindern? Sind Bedenken begründet, dass eine Ernährung ohne Fleisch, Käse, Milch oder Eier vor allem bei Kindern zu einem Mangel an Nährstoffen führen könne und ihnen mit einer veganen Ernährung wohlmöglich schadet? Nach Ansicht von Claudia sind diese Sorgen unbegründet, aber: „Voraussetzung ist, dass Erwachsene sich einlesen und intensiv mit dem Nährstoffbedarf von Kindern und den geeigneten pflanzlichen Bezugsquellen beschäftigen müssen. Im besten Fall eine Ernährungsberatung besuchen, denn hier bekommt man wichtiges Know-how.“ Da lernt man beispielsweise, dass der einzige Nährstoff, der normalerweise nur über tierische Produkte vom menschlichen Körper aufgenommen werde, Vitamin B12 ist. Das müssen Veganer daher extra in Form von Nahrungsergänzungsmitteln zu sich nehmen. Aber sonst findet man alles im Pflanzenreich. So gibt es beispielsweise eine Reihe von Kalziumquellen, die der Milch in nichts nachstehen wie Trockenfrüchte und Hülsenfrüchte. Aber auch Mohn, Sesam oder Amaranth sowie Mandeln und Haselnüsse haben einen großen Kalziumgehalt.
Also weg von dem Mythos, zahlreiche Nahrungsergänzungsmittel schlucken zu müssen, um einer Mangelernährung vorzubeugen. Das ist nur eines von vielen Vorurteilen, denen Claudia und ihre Family immer wieder begegnen. Meistens von Menschen, die bisher wenig mit dem Thema zu tun hatten. Vor allem die Ernährung ihrer Tochter triggerte. Sie isst seit dem dritten Lebensjahr größtenteils vegan. Vegetarisch von Geburt an. „Sogar unser alter Kinderarzt belächelte unsere Ernährungsweise und suchte gefühlt nach einem „ach“. Den Wind aus den Segeln nahm ihm dann aber das Blutbild, das wir regelmäßig machen ließen. Alle Werte im grünen Bereich, alles war tiptop. Die Entwicklung unserer Tochter wurde durch die vegane Ernährung jedenfalls nicht negativ beeinflusst.“
„Keine Verbote und kein Zwang – das bringt eh nichts!“
Für Claudia und ihren Mann war es immer sehr wichtig, dass tierische Produkte für ihre Tochter kein Verbot sind und vegane Ernährung kein Zwang. „Wir klären auf und leben vor.“ Also alles ohne erhobenen Zeigefinger! Natürlich wird bei den Padbergs sehr viel über das Thema gesprochen, offen und mit Empathie. „Wenn sie fragt, wieso wir dies oder das nicht essen, bekommt sie darauf eine Antwort – ehrlich, aber kindgerecht“.
Es war von Beginn an klar geregelt: Zu Hause wird vegan gegessen, außer Haus kann ihre Tochter selbst entscheiden, was sie isst. „Na klar, hat sie auf dem Kindergeburtstag auch Muffins und Schokolade gegessen – wie alle anderen auch. Wir haben ihr nicht extra eine vegane Alternative mitgegeben. Hat sie danach gefragt, haben wir natürlich etwas eingepackt. Da waren wir ganz entspannt.“
Die Grundlage für eine informierte Entscheidung würde zwar von ihnen als Eltern gelegt, aber die eigenen Lebensgrundsätze müsse sie am Ende wie jede/r für sich selbst finden. Und das hat sie: „Je älter sie wurde desto mehr hat sie sich dann auch „außer Haus“ vegan ernährt. Weil sie es wollte“. Der Weg hier hin war aber nicht immer leicht für Claudias Tochter. Im Kindergartenalter war Veganismus noch kein großes Thema. Es juckte die anderen Kids gen null, ob das Essen in der Brotdose vegan war oder nicht. Anders sah es dann in der Schulzeit aus.
Hier waren blöde Sprüche über die Ernährung keine Seltenheit und auch das Gefühl von Ausgrenzung kam auf.
Was sie zu hören bekam? „Veganer essen nur Gras und Steine“. Der Vater einer Schulfreundin, bei der sie zu Besuch war, meinte zu ihr: „Sie könne ruhig Rindfleisch essen, weil Rinder ja nur Gras fressen. Also seien diese vegan, ebenso ihr Fleisch. Sie aß kein Fleisch, erwiderte aber aus Schüchternheit nichts.“
Keine schönen Erfahrungen an manchen Tagen für ihre Tochter. Doch Claudia Padberg ist sich sicher: „Vieles beruht auf Unkenntnis – auch von zu Hause. All das, was die Kinder dort hören, posaunen sie auf dem Schulhof ungefiltert nach draußen. Ohne wirklich zu wissen, was sie sagen oder was das mit dem Gegenüber macht“.
In der vierten Klasse haben Claudia und ihre Tochter, dann auf Vorschlag der Lehrerin, einen kleinen Vortrag über die vegane Ernährung gehalten. Einfach, damit die Kids wissen, was dahinter steckt und wieso sie sich so ernähren. Und schwupps wendete sich das Blatt. Die Frotzeleien waren vorbei, viele zeigten sich ganz interessiert. Rückblickend für ihre Tochter natürlich schade, dass es erst am Ende der Grundschulzeit war. Aber Claudia Padberg hat das nochmals gezeigt, wie wichtig Aufklärung und Information sind – nicht nur beim Thema Veganismus.
Fame Bickley
Was steckt hinter dem Begriff vegane Ernährung?
Wenn man sich vegan ernährt, stehen keine Produkte tierischen Ursprungs auf dem Speiseplan. Also kein Fleisch, Fischfleisch, Milch, Honig und Eier.
Viele gehen aber noch einen Schritt weiter und leben vegan.
Veganer meiden Produkte mit tierischen Bestandteilen. Sie tragen keine Kleidung oder Schuhe, die aus tierischen Materialien wie Leder, Seide, Pelz, Daunen oder Wolle bestehen. Sie verwenden nur Kosmetikprodukte und Reinigungsmittel ohne tierische Inhaltsstoffe und nicht in Tierversuchen getestet wurden. Veganer meiden Zoos, besuchen keine Zirkusse mit Tieren und reiten nicht. Die Idee: ethischer handeln, weil keine Tiere getötet werden für die eigene Lebensweise.
Was brauchen Kinder in der Ernährung und wo stecken diese Stoffe in pflanzlichen Lebensmitteln?
Kinder brauchen für ihr gesundes Wachstum eine ausgewogene und auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Ernährung. Dabei sind die einzelnen Nährstoffe entscheidend. Wir haben einmal eine kleine Übersicht zusammengestellt, welche Stoffe in nicht-tierischen Lebensmitteln stecken:
- Eisen
Steckt zum Beispiel in: Vollkornprodukten, Nüssen, Hülsenfrüchten, grünem Blattgemüse und Trockenfrüchten (insbesondere in getrockneten Aprikosen) - Jod
Jodsalz, Algen (z. B. Nori-Algen), Champignons, Brokkoli, Erdnüsse, Spinat und Kürbiskerne - Omega-3-Fettsäuren
Steckt zum Beispiel in: Leinöl, Hanföl oder Hanfsamen sowie Chiasamen und auch Walnüssen - Vitamin B, insbesondere Vitamin B12
steht nicht ausreichender Form aus pflanzlichen Quellen zur Verfügung und sollte mit Nahrungsergänzungsmittel ergänzt werden, hier aber unbedingt immer Rücksprache mit Arzt: in oder Ernährungsberater: in halten - Selen
Paranüsse aus tropischem Anbau, Spargel, Kohl, Zwiebeln, Pilze und auch Hülsenfrüchte, insbesondere Linsen - Kalzium
Steckt zum Beispiel in: Trockenfrüchte, Mohn, Sesam, Amaranth, Mandeln, Haselnüsse, mit Kalzium angereicherte Pflanzendrinks und kalziumreichem Mineralwasser - Zink
Steckt zum Beispiel in: Vollkornprodukten, Haferflocken, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen - Proteine mit und für alle essenziellen Aminosäuren
Steck zum Beispiel in: Hülsenfrüchte, Getreide und Nüsse
Es ist immer wichtig, dass der Energiebedarf eines heranwachsenden Körpers gedeckt wird, dafür bedarf es ausreichender Kalorien. Die Ernährungsberaterin Claudia Padberg rät: „Ein ausgewogener veganer Speiseplan sollte viel frisches Obst und Gemüse, Kohlenhydrate wie Reis, Nudeln, Quinoa, Kartoffeln, Vollkornbrot, Amaranth, Hirse etc., Proteinquellen wie Hülsenfrüchte (Sojabohnen und Produkte daraus (zum Beispiel Tofu, Tempeh), Kichererbsen, Bohnen, Linsen Erbsen, Lupinen etc.), gesunde Fette (z.B. Leinöl, Rapsöl, Olivenöl und Avocados) sowie Nüsse und Samen enthalten.“
Kontakt zu Claudia Padberg, www.plantbasedfit.de oder aber auch auf Instagram: plantbasedfit.de