Familie

Visite mit Doktor Clown

Pika Schauf und Franz Potthoff sorgen für besondere Momente im Klinikalltag junger Patienten

Visite in Kidron, der Kinder-Epilepsieklinik in Bethel. Dr. Trine Tropf und ihr Kollege Mütze ziehen mit ihrer Doktortasche von Zimmer zu Zimmer.

Florian* und Ben* haben sie schon von weitem in ihren bunten Kostümen entdeckt und möchten nicht länger warten. Kichernd lauern sie hinter dem Geschirrwagen auf dem Flur und platzen fast vor Spannung, als Mütze sagt: „Du, Trine, ich glaube, da hinten hat sich etwas bewegt!“

Eine Behandlung der besonderen Art

Hinter Dr. Trine Tropf und ihrem Kollegen Mütze verbergen sich die Pädagogin Pika Schauf und der Student Franz Potthoff. Sie sind Klinikclowns, die in Ostwestfalen-Lippe  regelmäßig auch in Kinderkrankenhäusern „praktizieren“. Das Interesse der beiden Clowns an den jungen Patienten ist geweckt, es könnten ja irgendwo Langeweile, Lachfieber oder Kummerkratzen auf sie warten! Mit humoristischem Sachverstand locken sie die Ungeduldigen aus ihrem Versteck und begleiten sie nach einer kurzen Voruntersuchung auf ihr Zimmer, wo eine Behandlung der besonderen Art beginnt. Nach zehn Minuten haben Trine und Mütze alle Lachmuskeln massiert und ziehen weiter zum nächsten Patienten, der vielleicht eine ganz andere Form der Zuwendung benötigt.

Das Ziel: ein berührender Kontakt zu den Patienten

Sie beleben den von Therapie bestimmten Klinikalltag der Patienten. Nicht tumb, sondern mit Empathie. Pika Schauf und Franz Potthoff, die wie ihre Kollegen eine Ausbildung zum Klinikclown absolviert haben, verstehen ihre Arbeit ganzheitlich: „Auf der Kinderstation treffen wir auf Menschen in verschiedensten Situationen. Neben den Patienten sind das auch Eltern, Geschwister oder Krankenhausmitarbeiter, die wir in unser Spiel mit einbeziehen. Wir versuchen nicht, das ganze Krankenhaus schallend zum Lachen zu bringen. Vielmehr möchten wir einen berührenden Kontakt herstellen, über den sich ein Zugang zu den individuellen Gefühlen und Bedürfnissen dieser Personen ergibt, die ja alle irgendwie am Heilungserfolg beteiligt sind.“

Wie diese Worte gemeint sind, zeigt sich in der nächsten Visite, bei der die Clowns zarte Töne anschlagen. Die kleine Leyla* liegt mit halb geöffneten Augen im Arm ihrer erschöpften Mutter und scheint weit weg von allem, was um sie herum passiert. Hier muss das Clownsduo andere Sinne ansprechen als Augen und Verstand. Also holt Dr. Trine Tropf ihre Ukulele hervor und stimmt – begleitet von Clown Mütze – ein Lied an, das bei der Patientin direkt ins Herz zu gehen scheint. Ein Lächeln huscht über Leylas Gesicht und die Ärmchen regen sich, bis Mutter und Tochter das Lied der Clowns schließlich gemeinsam mit einer Rassel begleiten können. Ein inniger Moment, fern von Klinikalltag und Routine, der alle Anwesenden ein Stück glücklicher zurücklässt.   

Klinikclown-Auftritte leben von der Spontanität

„Natürlich bringen wir ein Repertoire mit, sind aufeinander eingespielt und bereiten uns durch Supervisionen und Training auf unsere Arbeit vor“, erklärt Clown Mütze, „aber im Grunde leben unsere Auftritte von der Spontaneität. Wir arbeiten mit dem, was unser Publikum mitbringt und nutzen unser Privileg, ähnlich wie die Hofnarren im Mittelalter, Konventionen brechen zu dürfen. Diese erleichternde Direktheit ist es, die mir in meiner Arbeit als Clown besonders Spaß macht. Und wenn einer von uns sich mal etwas weit vorwagt, gibt es ja immer noch einen Partner, der die Situation mit Fingerspitzengefühl wieder einfängt.“ Auch aus diesem Grund treten die Clowns immer als Duo auf.

„Bei jedem Menschen lassen sich gesunde und kranke Aspekte feststellen, selbst bei Sterbenskranken“

Im Hinterkopf haben die Klinikclowns das von dem Medizinsoziologen Aaron Antonovsky geprägte Konzept der Salutogenese: „Bei jedem Menschen lassen sich gesunde und kranke Aspekte feststellen, selbst bei einem Sterbenskranken findet man noch gesunde Anteile,“ erklärt Dr. Trine Tropf, die parallel zu ihrer Clownstätigkeit als Lehrerin arbeitet. „Nach diesen suchen wir, denn je mehr wir die gesunden Anteile stärken, desto mehr unterstützen wir auch die Fähigkeit, mit den kranken Anteilen umzugehen.“ Impulse geben, aus denen etwas Positives wachsen kann, ist erklärtes Ziel der Klinikclowns. Und obwohl die zum Teil schwierigen Schicksale der Patienten nachdenklich stimmen, seien es vor allem die Momente der Liebe und Lebensfreude, an die Dr. Trine Tropf denkt, wenn sie nach ihren Besuchen als Pika Schauf nach Hause geht. Eins ist klar: Wer bei Clowns an oberflächlichen Humor denkt, der irrt gewaltig!

INFO: Dr. Clown ist ein gemeinnütziger Verein in Bielefeld mit derzeit zwölf Klinikclowns, die in der Region Ostwestfalen-Lippe und darüber hinaus Kinderkliniken, Senioren- und Pflegeeinrichtungen besuchen. Prominenter Unterstützer der Klinikclowns ist Eckart von Hirschhausen mit der Stiftung „Humor hilft heilen“.

www.doktorclown.de

* Namen von der Redaktion geändert

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