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Die Kinder blühen auf

Im Garten von Familie Bethlehem wächst ein besonderes Naturprojekt

Die Ackerbohne, vicia faba, ist hart im Nehmen. Sie ist robust und hat eine große Widerstandskraft gegen Frost. So bietet sie sich geradezu als Symbol für das Projekt Faba, Familien in Balance, des Kinderschutzbundes Gütersloh an. „Faba ist ein Naturprojekt zur Unterstützung von Kindern aus Familien mit Sucht- oder psychischer Erkrankung“, erklärt Renate Bethlehem. Es kümmert sich um Kinder, die nicht erkrankt sind, aber aus belasteten Familien kommen. Es hat das Ziel, die Resilienz dieser Jungen und Mädchen zu stärken.

 In der Psychologie meint Resilienz die Fähigkeit, mit Veränderungen umzugehen und zu meistern, widerstandsfähiger zu werden. Resilienz ist förderbar. Und da setzt Faba gezielt an: Natur und Garten werden als Medium für die Stärkung des seelischen Gleichgewichtes der Kinder genutzt. „Wir wollen sie stärken, damit sie mit Problemen und Veränderungen besser umgehen können“, ergänzt Ehemann
Rainer. Als Krankenschwester und Krankenpfleger sind beide seit Jahren in der psychiatrischen Pflege im Suchtbereich tätig. „Es sind alles Erwachsene, aber wir sehen in unserer täglichen Arbeit auch die Familien. Die Kinder sind selbst noch nicht erkrankt, tragen aber ein hohes Risiko in sich“, so die 57-Jährige.

Eine Zielgruppe also, für die präventive Angebote besonders wichtig sind. Aus ihren langjährigen Erfahrungen und dem täglichen Erleben erwuchs der Ansporn, sich speziell dieser Kinder anzunehmen. Ihre Kenntnisse aus dem Suchtbereich und
das besondere Einfühlungsvermögen auf die Problemlagen prädestinierte das Ehepaar geradezu. Die Bethlehems fanden Unterstützer für das Projekt, das seit acht Jahren in Gütersloh läuft: den Kinderschutzbund als Träger und das  Jugendamt. Die Bürgerstiftung leistete eine Anschubfinanzierung. „Der Erfolg des Projektes ist erarbeitet. Aber wir hätten ohne die Unterstützung manches nicht so umsetzen können“, sind beide überzeugt. Das Projekt ist mehrfach ausgezeichnet. Im Mai erst wurde Faba von den Vereinten Nationen innerhalb des Programms
„Biologische Vielfalt“ für sein Engagement gewürdigt.

Für die Bethlehems sind es die vergessenen Kinder. Die Jungen und Mädchen müssen mit vielem klar kommen, tragen oft große Verantwortung – für sich selbst, für ihre Geschwister, ja auch für die Eltern. „Durch die Krankheit des Vaters oder der Mutter gibt es wenig Verlässliches. Dabei sind sie selbst noch Kinder. Sie haben auch Bedürfnisse, die sie aber oft zurückstellen“, so die Familientherapeutin: „Bei Faba dürfen die 8- bis 11-Jährigen einfach sie selbst, einfach mal Kind sein.“ Jedes Jahr eine neue Gruppe – immer mit acht Kindern. Von März bis Oktober, immer freitags von 15 bis 18 Uhr.

Als Türöffner dient das 8000 Quadratmeter große Gelände der Bethlehems in Isselhorst, das sie seit 25 Jahren biologisch-ökologisch bewirtschaften und früher zum elterlichen Hof gehörte. Das Streuobstwiesen- und Gartengelände verfügt
über eine ungeheure Vielfalt an Tieren wie Pflanzen. Über 60 verschiedene Baum- und Straucharten, davon allein 30 Apfelsorten, 12 Birnenbäume, Haselnüsse, Quitten und Beeren sind vertreten. An die Streuobstwiese schließt sich ein Gemüse- und Kräutergarten an. Daneben gibt es ein Bienenhaus sowie einen Hühnerstall mit 25 Altsteirer Hühnern. Im Sommer grasen hier auch Bentheimer Schafe.

„Das Gelände mit all seinen Ecken und Nischen, seinen Herausforderungen und seiner Vielfalt im Gartenjahr wirkt auf die Kinder stabilisierend“, weiß der 56-jährige Naturexperte: „Es erfordert Mut eine Wabe mit Bienen zu halten,  Kreativität mit Ton zu arbeiten, Ausdauer einen Stockbrotstock zu schnitzen und Geschicklichkeit den Kletterbaum zu erobern.“ Doch gerade solche  Herausforderungen zu meistern, die positiver Stress für die Kinder bedeuten, führen zu einer Stärkung ihres  Selbstbewusstseins. Sie lernen: „Ich kriege was hin im Leben.“

Die Jungen und Mädchen blühen in den Monaten immer mehr auf. Die Impulse geben das Zutrauen, sich zu öffnen – in der Gruppe oder im  Einzelgespräch. Dies gelingt durch die gute personelle Ausstattung, denn den acht Kindern stehen immer vier Betreuer zur Verfügung. „Wichtig ist die Elternbeteiligung, sie müssen das Projekt mittragen“, so die vierfache Großmutter: „Wir begleiten die Kinder immer nur für ein Gartenjahr. Deshalb ist es ganz
bedeutsam, dass auf diesen Baustein weiter aufgesetzt wird.“ Das belege auch die wissenschaftliche Auswertung des Projektes aus dem letzten Jahr.
res