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Die Reise ihres Lebens

Christine Schäfer und Hinrich Schmieta ziehen mit ihren Kindern um die Welt

Sie sind schon weg. Besichtigen vielleicht gerade den Moskauer Kreml, fahren mit der Transsibirischen Eisenbahn durch die Taiga oder schwimmen im Baikalsee. Christine Schäfer und Hinrich Schmieta ziehen mit ihren Kindern Johann und Paula ein Jahr um die Welt! In den Sommerferien sind sie aufgebrochen – zur Reise ihres Lebens.

Je näher die Abfahrt rückt, desto kribbeliger werden die vier Bielefelder. „Ich merke es am Magen“, sagt Hinrich Schmieta mit einem Grinsen. „Und ich an der Schlafqualität“, ergänzt seine Frau. „Man hat schon Respekt, dass was schief gehen kann“, meint auch Johann. Der Elfjährige schaut seine große Schwester an. Ein Jahr lang sind sie weg, das ist wundervoll und beängstigend zugleich.

Die Sehnsucht, fremde Länder kennen zu lernen, ließ sie einfach nicht los. Erst war es nur ein Spaß. Als ein dreiwöchiger Urlaub wieder viel zu schnell vorbei war, flachsten die Kinder: „Dann müssen wir eben länger verreisen. “Auf der Weltkarte in der Küche markieren Johann und Paula die Länder, die sie sehen wollen. Neuseeland, Island, Südafrika. Die Karte wird immer bunter. Den Eltern dämmert: Ja, auch wir möchten für längere Zeit reisen – und zwar nicht erst, wenn wir Rentner sind.

Aber geht das? Was ist mit Schule und Beruf? Die Schulfrage ist unkomplizierter als gedacht: Paula (10. Klasse) und Johann (6. Klasse) werden für ein Jahr beurlaubt. Während der Reise wollen die Eltern ihre Kinder unterrichten, jeden zweiten Tag wird vier Stunden gelernt, so der Plan. Dafür haben sie E-Bücher auf ihr Tablet und den Laptop geladen und Schulbücher abfotografiert. „Viele Fächer lassen sich auch gut mit der Reise verbinden, Geschichte, Politik oder Englisch“, zählt die 15-jährige Paula auf. Im schlimmsten Fall müssen sie eine Klasse wiederholen.

Und der Job? Christine Schäfers Chef hat Verständnis und ermöglicht der 43-Jährigen ein Sabbatjahr. Auf einem Arbeitszeitkonto sammelt die Führungskraft seit zwei Jahren Überstunden, so dass die Familie auch während der Auszeit ein Einkommen hat. Hinrich Schmieta, Künstler, Klavierbauer und Programmierer kündigt. Die Weltreise ist ihm wichtiger als das Sicherheitsdenken. Zwei Jahre bereiten sie sich auf die Reise vor. Impfungen, Reisedokumente organisieren, Verträge kündigen, die Route planen und sich von Freunden verabschieden. Manches fügt sich wie von selbst: Sie finden mit einer Familie aus Los Angeles ideale Untermieter für ihre Wohnung. Der Mann verbringt ein Forschungsjahr an der Uni Bielefeld, genau zur Zeit der Weltreise. Volltreffer und eine Sorge weniger!

Andere Dinge stressen bis zum letzten Moment. Johann braucht für Malaria-Gebiete noch eine mückendichte Hose. Das Transitvisum für Weißrussland ist immer noch nicht da. Und dann müssen auch noch neue Pässe her! „Wir reisen in so viele Länder. Die Seiten in unseren alten Pässen reichen für die Stempel gar nicht aus.“ Kein Zweifel, die letzten Tage in Bielefeld sind anstrengend. Aber noch größer ist die Freude auf das, was kommt: Mit dem Zug geht es Richtung Osten, erzählt Paula. Berlin, Warschau, Moskau sind die ersten Stationen. In der russischen Millionenstadt Kasan werden sie einige Zeit bei Freunden wohnen. Bei der Route durften alle mitplanen. Johann hat sich Australien und Neuseeland gewünscht. Er will Pinguine sehen und das Land, wo der „Herr der Ringe“ gedreht wurde. Für Paula sind Afrika und die Mongolei ein Muss. „Ich bin neugierig, wie die Menschen dort leben und will andere Kulturen kennenlernen.“ Einen Monat sind sie in Japan. „Das ist Papas Programm“, sagen die Kinder. China ist Wunschland der Mutter.

Ein Jahr, merkt die Familie, reicht nicht aus, um die Welt zu sehen. Südamerika schaffen sie nicht, so manches Land wird von der Liste gestrichen. Sie müssen Kompromisse machen. „Wir wollen ja nicht nur unterwegs sein, sondern auch mal länger an einem Ort bleiben“, sagt der Vater. Die Familie reist mit leichtem Gepäck, jeder hat nur einen Rucksack dabei. Meistens übernachten sie in Jugendherbergen, sie wollen Kontakt mit Einheimischen haben, Länder und Leute erleben. Dafür haben sie gespart, auf manches verzichtet. „Ich sehe das als Investition in die Zukunft“, meint Hinrich Schmieta. „Ich denke da an meine früheren Reisen. Das ist ein Reichtum, den man ein Leben lang hat.“